Stadtrundgang über vergessene Frauen in Hagen

Am letzten Donnerstag konnte ich eine Idee realisieren, die mich seit zehn Jahren beschäftigt, die Stadtführung über engagierte Frauen in Hagen. Konzipiert hatte ich den Rundgang vor zwei Jahren und meine Recherchen im HagenBuch 2024 veröffentlicht. Nun hatte mich die Buchhandlung Lesen & Hören eingeladen, den Rundgang auch mit den Füßen zu realisieren.

Zur Idee dieses Stadtrundgangs

Als ich vor 17 Jahren nach Hagen zog, war ich gleich irritiert, weil hier auf Wahlplakaten nur Männer zu sehen waren. Es dauerte dann noch einige Jahre, bis ich begonnen habe, nach engagierten Frauen früher und heute Ausschau hielt. Engagierte Frauen gibt es viele, allerdings wenig in Führungspositionen, da haben deutlich die Männer das Sagen. Ich wollte wissen, wie das früher war und fragte mich, ob die Politikerin Liselotte Funcke tatsächlich die einzige war, die sich hier engagiert hat. War sie nicht! Aber anders als in anderen Städten scheint sich in Hagen niemand so richtig dafür zu interessieren. In meiner Heimatstadt gibt es eine – kostenfreie! – Broschüre, in der die Frauen, nach denen Straßennamen benannt sind, vorgestellt werden. In Bochum gibt es auf der Website der Stadt Porträts engagierter Frauen. Also habe ich mich auf die Suche gemacht, aus Interesse und weil ich es wichtig finde, zu zeigen, dass die Entwicklung einer Stadt nicht nur von Männern vorangetrieben wurde, auch wenn diese schon rein rechtlich lange alleine bestimmen durften. Ich habe einige Frauen entdeckt, deren Namen mir in 17 Jahren niemals begegnet sind! In dem Artikel und dem Stadtrundgang habe ich mich auf Frauen beschränkt, die in der Innenstadt agiert haben bzw. zu denen ich hier einen Bezug gefunden habe. In meiner Liste finden sich noch viele weitere Namen spannender Frauen.

So war der Stadtrundgang

Für den Rundgang hatten sich die 20 Personen, die ich als Grenze angeben hatte, angemeldet, worüber ich mich sehr gefreut habe. Zwei waren dann erkrankt, mit den anderen traf ich mich in der Buchhandlung in der Dahlenkampstraße. Von dort aus sind wir zunächst in den Park beim AllerWeltHaus, wo eine Skulptur von Eva Niestrath-Berger steht. Das Kunstwerk kannten alle, dass sie von einer Frau war, wusste kaum jemand. Schon hier zeigte sich, dass ich zu wenig Zeit oder zu viel Weg für den Rundgang eingeplant hatte. Ich hatte mich an meinen Krimispaziergängen orientiert und nicht bedacht, dass es bei dem Thema Frauen in Hagen viel zu sagen gibt – von mir und von den Teilnehmenden. Selbst zu den kaum bekannten Frauen fiel der einen oder dem anderen beim Rundgang ein, was sie gehört oder sogar erlebt hatte. Ich hatte dummerweise keinen Notizblock dabei und werde, wenn ich Zeit habe, noch ein paar Nachgespräche führen müssen 😊

Die nächste Station war nämlich die Heidenstraße, die man heute nicht mehr im Stadtplan findet, weil sie nun Rathausstraße heißt. Hier hatte die Goldschmiedin Ursula Dörner ihr Atelier und eine Galerie. Schon wurde gerätselt, wo genau das Gebäude war, denn ein Großteil ist nun nur noch Rathausgalerie. Außerdem konnten einige Frauen von persönlichen Begegnungen berichten. So ging es weiter, als ich über Alice Scotti und ihre Tanzschule vor gut hundert Jahren sprach, erinnerten sich manche, dass sie als junge Mädchen dort noch einen Tanzkurs besucht hatten. Besonders spannend für mich war, dass der Enkel einer der Frauen, auf deren Spuren ich unterwegs war, an dem Rundgang teilnahm, den Ort haben wir aber gar nicht mehr aufsuchen können, weil in der Buchhandlung der Federweißer auf uns wartete 🙂 Wir sind im Zickzack durch die Stadt bis in den Volkspark, wo ich am Pavillon der Verbraucherzentrale über Elisabeth Wolff berichtete, wir natürlich über Liselotte Funcke sprachen, deren Elternhaus vor dem Krieg dort gestanden hat und ich meine Lieblingsanekdote über die Stadtbildhauerin Milly Steger erzählen konnte, weil am Rand des Parks eine ihrer Skulpturen steht. Die Anekdote rankt sich ums Theater, aber Milly Stegers Frauenfiguren über dem Portal kannte jede:r.

Mein Fazit

Der Rundgang und die vielen Hinweise und Erinnerungen haben mich motiviert, das Thema doch wieder anzugehen. Irgendwann, gerne im Auftrag, denn ich lebe ja vom Schreiben und Recherchieren. Vielleicht findet sich eine Stiftung o.ä., die es auch wichtig und spannend findet, die Rolle der Frauen in der Hagener Stadtgeschichte bekanntzumachen. Im Übrigen können Institutionen oder Privatpersonen mich auch für einen Rundgang buchen, auch in anderen Stadtteilen. Dann hätte ich einen Anlass, Informationen über die Frauen, die ich dort schon entdeckt habe, zusammenzutragen. Auf jeden Fall gibt es zu dem Thema noch einiges zu tun. © 2024 Dr. Birgit Ebbert www.birgit-ebbert.de